Interview mit Jo W. Gärtner

17:41 Sarah vom Tintenblog 1 Comments

Dieses Mal habe ich ein Interview mit Jo W. Gärtner, dem Autor von "die Sagen von Berandan" für euch. Er ist zwar der Meinung, dass er nicht mit dem plappern aufhören konnte, aber wenns nach mir ginge, gehts fast nicht lang genug ;D


Hallo Jo! Schön, dass Du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Magst du uns ein wenig über dich erzählen?

Wo fängt man bei so etwas immer an? Bei der Geburt? Ich glaube nicht, dass das jemanden interessiert (Kaiserschnitt). In der Schule? Da könnte schon eher etwas Interessantes dabei sein, vor allem im Hinblick aufs Schreiben (notorischer Querulant, der sich in der Theatergruppe ein wenig austoben konnte). Oder vielleicht beim Studium? Da stimmen endlich mal die Leistungen, das wissenschaftliche Arbeiten gefällt mir, aber gleichzeitig erhöht es auch mein Bedürfnis, mich mit nicht-wissenschaftlichen Bereichen auseinanderzusetzen. Hier beginne ich mit den ersten Gehversuchen in der Fantasy.
Vielleicht fange ich aber doch in der Schule an. Ich bin aufgewachsen in der schwäbischen Provinz, stockkonservativ, gedacht wird meist mit Scheuklappen, in meiner Jugend in den 90er Jahren eine Hochburg der Republikaner. Das war mir schon als Jugendlicher zu eng. Und so bin ich schnell beim Theater gelandet; hier waren die Menschen offener, kreativer, ich fand auch lustiger. Meine ersten Schreibprojekte waren daher Dramen.
Neben dem Theater hat mich Schweden geprägt, wo ich eine Zeitlang gelebt habe. Die weiten Wälder, die Küsten und Seen beflügeln einfach die Kreativität. Hier ist Berandan – zumindest in meinem Kopf – entstanden. Rimon und Yolanda machten sich auf erste Streifzüge durch die Wälder. Und ja, wenn man ganz genau hinschaute, konnte man hier und da auch kleine vierzehige Fußspuren im Waldboden entdecken. Die Miglins sind so auch Geschöpfe der schwedischen Wälder.
Seit ein paar Jahren arbeite ich in Nürnberg als Lehrer. Ich liebe diesen Job, vor allem die Arbeit mit Kindern, doch leider nimmt er enorm viel Zeit in Anspruch, was sich auch auf das Schreiben niedergeschlagen hat. Seitdem muss ich mir immer wieder meine Freiräume erkämpfen, in denen ich schreiben kann. Nürnberg hat mich zu einem Thriller-Projekt inspiriert (obwohl Nürnberg ehrlich gesagt nicht unbedingt eine Thriller-Stadt ist… aber ich mag sie trotzdem), das im Herbst in einem Verlag erscheinen wird.
Und was gibt es sonst noch zu sagen? Ich liebe das Theater, das Reisen, das Wasser – und natürlich meine Frau.



Das mit dem Kaiserschnitt war natürlich höchst interessant ;) 
„Die Sagen von Berandan“ ist ja ein sehr vielschichtiges und komplexes Buch – da konntest du doch sicherlich nicht wild drauf los schreiben und musstest dir einen Plan zurecht legen, oder etwa doch nicht?

Da hast du Recht. „Die Sagen von Berandan“ sind über viele Jahre hinweg entstanden und nach und nach immer vielschichtiger geworden. Am Anfang stand die Geschichte eines kleinen, feigen Jungen, der von der Welt keine Ahnung hat, und dessen Reise in die Welt. Ich wollte einen Fantasy-Roman schreiben, bei dem sich der Protagonist entwickelt, mutiger wird und vor allem auch im Laufe der Zeit erkennt, dass Egoismus nicht das Wahre ist. Vielleicht kam schon da der Pädagoge in mir durch… Diese Idee stand jedenfalls ganz am Anfang. Die ersten Kapitel sind dann ziemlich schnell entstanden, ohne dass ich mich selbst allzu gut in Berandan ausgekannt hatte. Als Rimon dann aber aufbrach, musste auch ich mir überlegen, in welcher Welt dieser kleine Junge aus dem überschaubaren Dorf Wiesenau eigentlich lebt. Das war eine Phase, in der ich kaum schrieb, sondern Karten zeichnete, Wesen entwickelte, die Geschichte Berandans zumindest in Grundzügen aufschrieb. Hier entstand dann der eigentliche Plan. Der aber immer wieder über den Haufen geworfen wurde, da viele Ideen auch spontan in die Geschichte eingeflossen sind. Zum Beispiel ist mir erst klar geworden, wie die Stadt Bandon untergegangen ist, als Andres von seiner Herkunft erzählt.



Gab es Bücher oder Autoren, die dich inspiriert und geprägt haben? Was liest du selbst denn gerne?

Was die Fantasy-Literatur betrifft, so war Tolkien für mich prägend (wie wahrscheinlich für fast jeden Fantasy-Autor). In meiner Jugend habe ich die Bücher verschlungen. Alle. Mehrfach. Ich habe sie auf Deutsch und auf Englisch gelesen (im Übrigen: Der Herr der Ringe ist auf Englisch noch viel genialer), habe selbst die durchaus anstrengenden Bücher wie „Das Silmarillion“ gelesen. Einfach alles. Daneben ist sicherlich auch Michael Endes „Die unendliche Geschichte“ ein Werk, das mich geprägt hat.
Ich lese neben Fantasy fast alles – außer Vampirromane und Liebesschnulzen. Die verschiedenen schwedischen Krimis, allen voran die von Åke Edwardsson, sind für mich wunderbares Sprachtraining und zugleich gute Unterhaltung. Ich lese aber auch Hesse, Kehlmann, Tucholsky, Juli Zeh, Philipp Roth und und und. Es geht wirklich querbeet.


Es gibt viele Autoren, die bestimmte Gewohnheiten oder Rituale fürs Schreiben benötigen, und wiederum andere, die immer und überall schreiben können – wie ergeht es dir?

Ich bin noch auf der Suche nach dem geeigneten Ritual. Oft habe ich nur wenig Zeit zum Schreiben, da brauche ich einen bestimmten Ort oder ein bestimmtes Ritual, um möglichst schnell in die Geschichte reinzukommen. Das ideale habe ich leider noch nicht gefunden. Was ich aber definitiv brauche, ist Ruhe. Manchmal hilft auch Musik. Ich schreibe meist zu Hause, weil ich hier am ehesten Ruhe finde. An anderen Orten suche ich aber nach Ideen oder gehe bestimmte Szenen in Gedanken durch. Da habe ich immer ein Notizbüchlein bei mir, in das ich dann alles notieren kann.



Würdest du sagen, dass du persönliche Erfahrungen in deinem Roman behandelt hast oder dich Situationen im Schreiben beeinflusst haben?

In „Die Sagen von Berandan“ eigentlich nicht. Nur eines vielleicht: Mich stört an vielen Fantasy-Romanen, dass die Helden, auch wenn sie Kinder oder Jugendliche sind, so perfekt sind. Das macht sie so unmenschlich. Ich wollte einen echten Menschen vor mir haben. Und die meisten Menschen denken zunächst einmal an sich selbst und handeln dadurch oftmals schlecht. Auch gibt es keine Auserwählten, wie es in vielen Fantasy-Werken der Fall ist. Man kann sich nur selbst zum Auserwählten machen, indem man entsprechend handelt. Dieses Ärgernis über viele Fantasy-Geschichten, das könnte man vielleicht als persönliche Erfahrung bezeichnen, die ich in meinem Buch behandle.

In anderen Büchern ist das anders. Der Roman, der im Herbst in den Handel kommt, enthält vieles aus meinem eigenen Erfahrungsraum. Da steckt ziemlich viel Jo drin (das bezieht sich aber nicht auf die Affären, die der Protagonist hat!!!).



In meiner Rezension hatte ich ja geschrieben, dass ich des Öfteren mit den Charakteren durcheinander kam und du hast prompt reagiert und eine Karte + Namensglossar erstellt.  Dieses zeigt mir, dass dir deine Leser und dessen Meinungen sehr wichtig sind. Doch wie sieht dies bei einer negativen Bewertung aus, zieht dich diese runter oder hast du gelernt damit umzugehen?

Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, das ließe mich kalt. Schließlich wünscht man sich als Autor ja nichts mehr, als dass andere Menschen in die eigene Geschichte eintauchen und sie ihnen auch gefällt. Andererseits sind Geschmäcker nun mal verschieden. Man wird nie alle Leser glücklich machen. Selbst Bestseller wie Mella Dumonts „Himbeermond“, die von fast allen in den Himmel gelobt werden, bekommen einige schlechte Rezensionen, weil manche eben den Schreibstil, die Handlung, den Protagonisten oder einfach das Genre an sich nicht mögen. Das ist nun mal so. Und das ist auch ok so. Ein Buch für alle Geschmäcker wäre völlig weichgespült.
Dann kommt es natürlich wie so oft auf den Ton an. Wird konstruktive Kritik geübt, zieht mich das überhaupt nicht runter, sondern freut mich, weil das bedeutet, dass sich hier jemand wirklich mit dem Buch auseinandergesetzt hat. Pampt jemand nur rum, ist das hingegen echt ärgerlich.



Hand aufs Herz: Bei so vielen Namen und Orten, kamst du selbst auch schon durcheinander?

Ganz ehrlich: Eigentlich ganz selten. Ich habe mich inzwischen so lange mit dieser Welt und den ganzen Namen beschäftigt, dass ich sie kenne und daher kaum durcheinander komme. Nur bei Geschichten, die eher am Rande einfließen, wie zum Beispiel die Geschichte der Falbs, die ja mehrere hundert Jahre zurückliegt. Die Namen dort kommen nur ein-, zweimal vor. Da muss ich dann schon immer wieder nachschauen. Aber ich habe ja ein kleines Lexikon, das ich mir angelegt habe, und das mir weiterhilft…



Ich bin neugierig, und ich denke ‚unsere‘ Leser auch: Kannst du uns ein Bild deines Arbeitsplatzes zeigen?

Ich muss zugeben: Ich habe geschummelt und aufgeräumt… Normalerweise sieht es etwas chaotischer aus. Zum Schreiben sitze ich entweder am Schreibtisch oder am Esstisch – daher gibt es zwei Bilder. Ja, willkommen bei mir zu Hause:




 



Würdest du den Schritt des Selfpublishings immer noch gehen?
Momentan befinde ich mich in der angenehmen Lage, vergleichen zu können, da ein Buch auf herkömmlichem Weg über einen Verlag in den Handel kommt und ich ein anderes – „Die Sagen von Berandan“ – als Selfpublisher veröffentliche. Den Schritt des Selfpublishings würde ich immer noch gehen, auch wenn die Zusammenarbeit mit einem Verlag zweifellos enorme Vorteile hat. Ich muss mich um kaum etwas kümmern. Bei Fragen beispielsweise zum Cover werde ich angeschrieben, erhalte verschiedene Vorschläge, kann Verbesserungsvorschläge machen und mich dann wieder zurücklehnen. Das ist – gar keine Frage – sehr angenehm. Zudem weiß man auch, dass das Manuskript bereits einen oder mehrere Leute im Verlag überzeugt hat und daher so schlecht nicht sein kann.
Selfpublishing ist dagegen viel viel anstrengender und unglaublich zeitintensiv. Man muss sich um alles selbst kümmern, ein Lektorat suchen, das Cover gestalten, Werbung betreiben usw. Ich merke aber, dass ich so viel mehr mit Lesern ins Gespräch komme und direkte Rückmeldungen erhalte. Auch kann ich Dinge mit Lesern diskutieren und das Buch dann ganz frei weiterentwickeln. Zum Beispiel kam so die Karte von Berandan ins Buch. Für mich ist das sehr wertvoll. Zudem ist das Buch, das man selbst publiziert, viel eher das „eigene Baby“. Beim Verlag habe ich das Manuskript aus der Hand gegeben, wodurch eine größere Distanz zum eigenen Text entstanden ist. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Dennoch ist die Beziehung zum selbst publizierten Buch viel enger. Ich lerne unglaublich viel, zum Beispiel habe ich das Cover selbst gestaltet, was ich mir zuvor sicher nicht zugetraut hätte. Daher bereue ich den Schritt zum Selfpublishing überhaupt nicht. Es hat nur einen Nachteil, den ich wirklich beträchtlich finde: die ganzen rechtlichen Fragen. Rechte, Impressumspflicht und was weiß ich; da fühle ich mich nach wie vor unsicher. Der Verlag übernimmt natürlich auch so etwas.



Gibt es abschließend noch etwas, was du uns mitteilen magst?

Mir ist der Kontakt zum Leser sehr wichtig. Nicht nur um eine Rückmeldung zu bekommen (das natürlich auch), sondern auch um neue Ideen zu erhalten oder gemeinsame Projekte zu gestalten. Ich möchte „Die Sagen von Berandan“ zum Beispiel bebildern. Dafür habe ich einen Wettbewerb ausgeschrieben (mehr dazu auf meiner Homepage), der sich an alle Leser richtet. Sie können, sie sollen Teil der Geschichte werden und sie mitgestalten. Für solche Dinge braucht man Rückmeldungen, Lob, Kritik, Fragen. Liebe Leser, scheut euch also nicht und gebt den Autoren ein kleines Feedback! Ich denke, ich spreche da nicht nur für mich, sondern für alle Selfpublisher: Eure Rückmeldung ist für uns wie das Wasser für die Fische.

Und schließlich möchte ich mich bei dir, liebe Sarah, für dieses angenehme Interview bedanken!

Ich danke dir ebenfalls!


1 Kommentar:

  1. Hey

    Ich wurde schon soooo oft dafür nominiert, daher mache ich nicht mit, sorry. Danke trotzdem!

    LG
    Sarah

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